Adipositas beim Erwachsenen

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Herr Kramer klagt seiner Hausärztin: „Ich würde gerne abnehmen, weil ich beim Treppensteigen so schnell aus der Puste komme und die Schmerzen im Knie und im Rücken seit einigen Monaten immer stärker werden. Aber ich esse einfach gern und meine Frau kocht auch so gut. Eine Diät habe ich schon ein paar mal probiert, aber nach einigen Tagen hatte ich so einen Heißhunger, dass es mit den guten Vorsätzen vorbei war.“

Definition

Bei der Adipositas ist der relative Anteil von Fett im Körper erhöht. Mit einem BMI von 25 bis 29,9 gilt ein Patient als übergewichtig, ab einem BMI von 30 als adipös. Der BMI (Body-Mass-Index; Körpermasseindex) bezeichnet das Verhältnis von Größe und Gewicht eines Menschen. Er wird berechnet, indem man das Körpergewicht in Kilogramm durch die Körpergröße zum Quadrat teilt (Abb. A.8). In den letzten Jahrzehnten leiden in den westlichen Industriestaaten immer mehr Menschen unter Adipositas. In einigen Ländern sind bis zu 20% der Jugendlichen zwischen 12 und 16 Jahren übergewichtig. Synonym: Fettleibigkeit.

Ursachen

Adipositas entsteht durch genetische Veranlagung und/ oder durch einen ungesunden Lebensstil. Andererseits kann die Ursache eine Erkrankung sein, z. B. eine hormonelle Störung. Man unterscheidet zwei Arten von Adipositas:

1. primäre Adipositas (essenzielle Adipositas),

2. sekundäre Adipositas.

Primäre Adipositas

In 99% der Fälle ist die Fettleibigkeit nicht durch eine körperliche Erkrankung verursacht, sondern durch Vererbung (79% der Fälle) oder einen ungesunden Lebensstil (30%) mit wenig körperlicher Bewegung und fett- und kalorienreicher Ernährung.

Sekundäre Adipositas

Bei etwa 1 % der Menschen mit Adipositas wird das Übergewicht durch eine andere Erkrankung verursacht. Am häufigsten führen hormonelle Störungen zu einer sekundären Adipositas wie das ^ Cushing-Syndrom, eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), ein Mangel an Wachstumshormon oder Testosteron oder das polyzystische Ovarsyndrom (^ PCOS).

Daneben können Medikamente gegen Schizophrenie (Neuroleptika), gegen Epilepsie (Antiepileptika), Beruhigungsmittel (Anxiolytika), Glukokortikoide, Östrogene, Gestagene, Antihistaminika, Tabletten gegen Diabetes (Antidiabetika), Insulin oder Lithium dazu führen, dass ein Patient zunimmt.
bb. A.8 Body-Mass-Index (BMI). Anhand der Grafik oder der Formel kann der BMI bestimmt werden. BMI < 20: Untergewicht, BMI 20-24,9: Normalgewicht, BMI 25-29,9: Übergewicht, BMI

30-39,9: Adipositas, BMI >40: Adipositas per magna (massive Adipositas).
Symptome

Menschen mit Adipositas fallen allein durch ihr Aussehen auf. Einige adipöse Menschen ermüden rasch und sind schnell kurzatmig, das Herz-Kreislauf-System kann über-lastet sein. Die Patienten haben häufig Beschwerden an der Wirbelsäule oder an anderen Gelenken und Krampfadern an den Beinen. Sobald Hautschichten übereinander liegen, können sich ^ Ekzeme und Intertrigo bilden. Viele Übergewichtige leiden psychisch unter den Vorurteilen ihrer Mitmenschen.

Diagnose

Das Übergewicht des Patienten erkennt man meist auf den ersten Blick. Mit dem BMI lässt sich das Ausmaß der Adipositas ermitteln. Neben dem BMI ist auch das Fettverteilungsmuster fürdie Beurteilung und die Risikoeinschätzung der Adipositas wichtig (Abb.A.9).

Menschen mit einem Bauchumfang von > 102cm (Männer) bzw. > 88 cm (Frauen) haben ein erhöhtes Risiko, ein metabolisches Syndrom (Adipositas, Bluthochdruck, gestörte Glukosetoleranz, Fettstoffwechselstörungen) zu entwickeln. Es sollte nach diesen Begleiterkrankungen gesucht werden. Hierzu gehört ein Blutzuckertest, die Bestimmung der Fettwerte und die Messung des Blutdrucks.

Differenzialdiagnose

Erkrankungen, die sekundär zu Übergewicht führen können wie M. Cushing, Hypothyreose, angeborene Fettstoffwechselstörungen oder genetische Syndrome, das polyzystische Ovarsyndrom und Störungen im Bereich der Sexualorgane (^ Hypogonadismus), sollten ausgeschlossen werden.
Therapie

Das Missverhältnis zwischen Nahrungsaufnahme und Energieverbrauch sollte normalisiert werden. Der Adipöse muss hierfür einerseits seine Kalorienaufnahme reduzieren, andererseits seinen Kalorienverbrauch durch regelmäßige körperliche Bewegung erhöhen. Ob die Therapie erfolgreich ist, hängt davon ab, wie motiviert der Patient ist. Eine ausführliche Aufklärung und Beratung über mögliche Komplikationen und Folgekrankheiten sowie eine Gruppentherapie und Selbsthilfegruppen können die Motivation abzunehmen deutlich erhöhen.

Eine Ernährungsberaterin klärt über eine gesunde Ernährung und mögliche Diäten auf. Das Gewicht sollte langsam gesenkt werden, um es dauerhaft zu halten. Einseitige oder stark kalorienreduzierte Diäten führen zwar häufig zu einer drastischen Gewichtsabnahme innerhalb kurzer Zeit, der Patient nimmt jedoch schnell wieder das verlorene Gewicht oder mehr zu („Jo-Jo-Effekt“).


Abb. A.9 Muster der Fettverteilung. Beim „Birnentyp“ zeigt sich die Fettansammlung bevorzugt in Bereich von Hüfte, Gesäß, Oberschenkel und Oberarm, beim „Apfeltyp“ sind hauptsächlich Kinn, Nacken und Bauch betroffen.


Gelingt es einem adipösen Patienten (BMI > 30 kg/m2) nicht, mit Diät abzunehmen, können Medikamente unterstützend eingesetzt werden: Antiadiposita wie Orlistat (Xenical) hemmen das fettspaltende Enzym (Lipase) im Darm und vermindern so die Resorption von Fetten. Appetitzügler können schwere unerwünschte Wirkungen am Herzen oder an der Lunge verursachen und sind nicht zu empfehlen.

Ist auch die medikamentöse Therapie nicht erfolgreich, kann bei starker Adipositas (BMI > 40 kg/m2) eine Operation zu einer Reduktion des Körpergewichtes führen: Mit einem Magenband wird der Magen so verkleinert, dass der Patient nur eine bestimmte Nahrungsmenge aufnehmen kann. Der Eingriff wird häufig laparoskopisch durchgeführt. Die Langzeitergebnisse nach 25 Jahren sind viel versprechend: Viele Menschen haben dauerhaft Gewicht abgenommen. Nutzen und Risiko sollten jedoch im Vorfeld ausgiebig besprochen werden.

Prognose

Menschen mit Adipositas haben ein erhöhtes Risiko, ein metabolisches Syndrom zu entwickeln. Dieses kann zu gravierenden Komplikationen am Herzen (^ Hypertonie, ^ Herzinfarkt, ^ Herzinsuffizienz), an den Gefäßen (^ Mikro- und Makroangiopathie) oder anderen Organen (^ Niereninsuffizienz) führen.
Infobox
 



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