Vertrauensarbeitszeit

Wird länger als acht Stunden gearbeitet, erwartet der Gesetzgeber eine exakte Aufzeichnung der Mehrarbeit. Traditionelle Arbeitszeiterfassungssysteme sind mit flexiblen Arbeitsmodellen jedoch überfordert. Mit einem Wechsel auf die Vertrauensarbeitszeit lässt sich zusätzlicher Verwaltungsaufwand vermeiden.

Der Gesetzgeber erwartet von Unternehmen und Arbeitnehmern, dass Überschreitungen der gesetzlichen Regelarbeitszeit von täglich acht Stunden gesondert aufzuzeichnen sind. Das Problem: In den meisten Unternehmen ist Arbeitszeit gleich Anwesenheit. Damit berücksichtigt die traditionelle Arbeitszeiterfassung die Veränderungen in der Arbeitswelt, besonders in den letzten 20 Jahren, nur unzureichend. Die Gründe hierfür sind vielfältig:

Steigende Eigenverantwortlichkeit und damit freie Zeiteinteilung in wissensintensiven Berufen

flexible Arbeitszeitmodelle, bei denen private und beruflich genutzte Zeitabschnitte stark verschwimmen

Home Office und mobile Tätigkeiten, bei denen ein wachsender Teil der Arbeitsleistung außerhalb des Büros erbracht werden.

Ein weiteres Problem ist das Pausenverhalten der Mitarbeiter: Viele Zeiterfassungssysteme gehen von betrieblichen Standardpausen aus, obgleich diese Zeiten inzwischen stark individuell geprägt sind. Auch flexible Arbeitszeiten mit unterschiedlich langen Arbeitstagen passen nicht zur klassischen Zeiterfas-
sung, die eher auf Normarbeitszeit setzt. Im Ergebnis kann das schnell dazu führen, dass dem Anschein nach eine erweiterte Aufzeichnungspflicht besteht, obgleich de facto der rechtliche Grenzwert nicht überschritten wird.

Das Modell „Vertrauensarbeitszeit“

Eine Möglichkeit, dieses Szenario zu umgehen, ist die Vertrauensarbeitszeit. Diese wird in Absprache mit den Kollegen so festgelegt, dass die Erreichbarkeit und Reaktionsfähigkeit des Unternehmens zu den betrieblichen Servicezeiten gewährleistet ist. Anders als bei der klassischen Kernarbeitszeit, zu der in der Regel Anwesenheitspflicht besteht, setzt die Vertrauensarbeitszeit auf ein hohes Maß an Eigenverantwortung. Statt persönliche Anwesenheit explizit vorzuschreiben, bleibt es den Abteilungen überlassen, ihre Arbeit so zu organisieren, dass Betriebsbereitschaft gewährleistet ist.

Abteilungen mit Vertrauensarbeitszeit sind daher nicht konstant, sondern zu bestimmten Zeiten stärker beziehungsweise schwächer besetzt. Die individuellen Anwesenheitszeiten werden dabei meist informell in Meetings abgestimmt und festgelegt. Betriebliche Regeln können das Konzept flankieren.

So funktioniert die Vertrauensarbeitszeit

Das Modell der Vertrauensarbeitszeit setzt natürlich eine gewisse Teamgröße voraus. Zudem sollten mehrere Mitarbeiter ähnliche Qualifikationen aufweisen,
um ausreichend variabel disponieren zu können. Zudem ist Mindestbesetzung nicht zwingend mit Anwesenheit gleichzusetzen. Oft genügt es, wenn Mitarbeiter telefonisch erreichbar sind. Wichtig ist, dass die geltenden rechtlichen Regelungen zur Arbeitszeitgestaltung - etwa mit Blick auf Höchstarbeitszeiten und Ruhepausen - Beachtung finden. In größeren Unternehmen hat zudem der Betriebsrat ein Wörtchen mitzureden.

Aufzuzeichnen ist nur die Arbeitszeit, die über das Limit von acht Stunden hinausgeht. Dabei ist zu beachten, dass der Samstag in vielen Unternehmen frei ist, doch gesetzlich als normaler Arbeitstag eingeordnet wird. Von daher ist es zulässig, die acht „Samstagsstunden" auf die übrigen fünf Wochentage zu verteilen, was den realen Verwaltungsaufwand für die Arbeitszeiterfassung drastisch reduziert, da erst oberhalb der Zehn-Stunden-Marke zum Stift gegriffen werden muss.



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